Immer mehr Steuerkanzleien wollen sich für die Zukunft als Dienstleister breiter aufstellen. Dabei gilt die Prozessberatung als attraktives, vielversprechendes Geschäftsfeld mit Zukunft. Aber warum sollten sich Steuerkanzleien die Prozessberatung auf die Fahne schreiben?
Im vergangenen Freitagstalk „hsp live um 11“ sprach hsp-Geschäftsführer Paul Liese mit seinem Gast, Eugen Müller von der Müller Blum Steuerberatungsgesellschaft mbH, über das Arbeitsfeld Prozessberatung in Kanzleien. Eugen Müller ist auf diesem Gebiet bereits seit 2015 mit dem Schwerpunkt Digitalisierung tätig und verfügt über eine große Expertise. Im zweiten Teil des Gesprächs wird thematisiert, welche Gründe für die Erschließung des Geschäftsfeldes sprechen und welche Potentiale sich mit der Prozessberatung bieten.
Steuerberatungskanzleien bieten passende Expertise
Warum sollten Unternehmen die Prozessberatung in den Kanzleien durchführen und sich bei der Automatisierung nicht zum Beispiel direkt von der IT helfen lassen? „Weil die Steuerberatungskanzleien die Prozesse im Unternehmen bereits sehr gut kennen“, so Eugen Müller. Für die technische Umsetzung hat seine Kanzlei wiederum gute Partner an der Seite.
Die Müller Blum Steuerberatungsgesellschaft ist in Sachen Prozessberatung mittlerweile so versiert, dass sie diese auch Unternehmen anbietet, ohne die Deklaration zu übernehmen. Die Abläufe dieser Unternehmen kennen sie dann zwar nicht, wissen aber, welche Fragen sie stellen müssen, um sie kennenzulernen. Noch wichtiger als die richtigen Fragen sind aber die richtigen Antworten: Mittels Process Mining werden die entsprechenden Daten erhoben – und die Prozesse lassen sich dahingehend analysieren, wie sie tatsächlich ablaufen. Dann erst ist eine Verbesserung der Abläufe möglich.
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Welche Preisgestaltung ist sinnvoll?
Stellt sich die Frage, was eine solche Prozessberatung kosten darf und muss: Eugen Müller hat bereits viele Jahre Erfahrung in dem Bereich und entsprechende Richtwerte an der Hand, universalgültige Preise sind in seinen Augen aber keine Lösung. Feste Pakete bietet seine Kanzlei nicht an, sondern gestaltet die Preise je nach Mandat. Der Aufwand der Beratung richtet sich nach der Größe des Unternehmens, der Vielzahl an Prozessen und dem Umfang, in dem die Steuerberatungskanzlei in die laufende Arbeit eingebunden ist. Die Beratung und Abrechnung erfolgen in der Regel Schritt für Schritt, also von Prozess zu Prozess.
Steuerkanzleien müssen berücksichtigen, dass ihre Einnahmen aus der führenden Buchhaltung sinken, je besser und automatisierter die Prozesse bei den Mandant:innen laufen. In einem Projekt zum Beispiel, das die Kanzlei Müller Blum durchgeführt hat, reduzierte sich der Umfang der Buchhaltung von 18 Stunden im Monat auf drei. Im ersten Moment klingt das nach einem schlechten Deal. Jedoch gibt Eugen Müller zu bedenken, dass die Buchhaltungsstunden mit einem bestimmten Stundensatz berechnet werden müssen. Die freigewordenen Stunden können für andere Leistungen genutzt werden, die mit einem höheren Stundensatz arbeiten. Unterm Strich lohnt sich die Aufwandsreduktion in der Buchhaltung also auch monetär.
Tipp: Von Beginn an auf Mitarbeiter:innen und technische Unterstützung setzen
Für Steuerberater:innen, die ebenfalls in den Bereich Prozessberatung einsteigen möchten, hat Eugen Müller zwei grundlegende Tipps: Zum einen sollten sie von Anfang an andere Personen in der Kanzlei einbinden. Denn Berater:innen sind es gewohnt, sich in ein neues Tätigkeitsfeld erst einmal allein einzuarbeiten und anschließend Mitarbeiter:innen einzuarbeiten. Beim Thema Prozessberatung allerdings gestaltet es sich schwierig, da das Thema für alle völlig neu ist und Projekte teils Monate auseinanderliegen können. Eine schnelle, konstante Lernkurve ist also selten gewährleistet. Werden weitere Personen gleich zu Beginn eingebunden, fördert das gemeinsame Lernen die Motivation und die Implementierung des Themas wird insgesamt beschleunigt.
Zum anderen sollten Kanzleien frühzeitig auf technische Unterstützung setzen, statt sich etwa mit frei verfügbaren Word-Vorlagen aus dem Internet ans Erstellen der Dokumentation tasten. Denn Standardvorlagen – nicht zu verwechseln mit Branchen-Mustervorlagen – können bei weitem nicht die erforderliche Komplexität unterschiedlicher Unternehmen abbilden.
Beim Personal über den Tellerrand schauen
Die passenden Mitarbeiter:innen für die Prozessberatung müssen übrigens nicht zwingend aus dem steuerlichen Umfeld kommen. Die Müller Blum Steuerberatungsgesellschaft setzt in der Regel auf Hochschulabsolvent:innen, die einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund mitbringen und deshalb die Zusammenhänge der Prozesse sehr gut erkennen können.
In Sachen technische Unterstützung sollten Kanzleien auf ein Tool setzen, das gemeinsames und paralleles Arbeiten ermöglicht. Nur so lassen sich Projekte sinnvoll im Team erledigen. Die Software sollte kein Korsett aus vorgefertigten Mustern und Checklisten sein, aber einen gewissen roten Faden bieten. So ist strukturiertes Arbeiten möglich, das sich aber an die Diversität der Mandant:innen anpasst.
Hört euch hier den zweiten Teil des Livestreams als Podcast-Folge an:
Paul ist Geschäftsführer der hsp und derjenige, der die Klappe hält. Seine Top-Themen: Medienbrüche mittels Software abschaffen. Verfahrensdokumentation, IKS, TCMS und weitere Compliance Themen. Sein aktuelles Projekt: Verrechnungspreisdokumentationen ohne Medienbrüche erstellen. Mittels Taxonomie.