Beim Thema Nachhaltigkeit gehen viele Unternehmen mittlerweile bereitwillig voran, setzen Maßnahmen um, hinterfragen Strukturen und Verhaltensweisen. Ressourcen schützen, Probleme für die Zukunft reduzieren oder abschaffen – Schritte und Ziele sind greifbar. Wenn es allerdings um das Thema Verfahrensdokumentation geht, hält sich die Eigeninitiative in Grenzen. Das Thema wird auf die lange Bank geschoben, ignoriert oder nur widerwillig umgesetzt. Aber wieso ist das so? Und was haben die beiden Themen Nachhaltigkeit und Verfahrensdokumentation überhaupt miteinander zu tun? Sehr viel, wenn man genau hinschaut.
Wir Menschen neigen dazu, in der Masse erst dann aktiv zu werden, wenn die Einschläge spürbar näherkommen. Manche warten sogar so lange, bis es geknallt hat. Tauchen konkrete Probleme oder Bedrohungsszenarien auf, beginnen die meisten von uns zu überlegen, welcher Umgang zur Lösung beiträgt. Dies gilt für nachhaltiges unternehmerisches Handeln ebenso wie für die Erstellung einer Verfahrensdokumentation.
Beim Thema Nachhaltigkeit beginnen die Unternehmen endlich, konkrete Maßnahmen einzuleiten. Denn die Auswirkungen unseres Verhaltens ist mittlerweile nahezu ganzjährig und global spür- und sichtbar. Beim Thema Verfahrensdokumentation wird nicht selten auf den letzten Drücker etwas zusammengeworfen, was dann den Behörden vorgelegt wird – mit mäßiger Resonanz. Betrachtet man beide Themen genauer, wartet eine überraschende Erkenntnis, die ein Unternehmen exzellent für sich nutzen kann: Eine Verfahrensdokumentation bringt enorme Vorteile bei der Umstellung eines Unternehmens auf nachhaltige Prozesse.
Eigentlich logisch. Eine Verfahrensdokumentation beschreibt Prozesse oder Verfahren im Unternehmen, die im Kontext der GoBD relevant sind. Allerdings beschreibt eine solche Dokumentation auch immer die Ist-Prozesse im Unternehmen. Wie die Abläufe organisiert sind. Wer für den Prozess verantwortlich ist. Welche Software für diese Prozesse verwendet wird. Wo die Daten liegen. Auf der anderen Seite stehen die Herausforderungen, die bei der Umstellung auf nachhaltige Prozesse entstehen. Fragen zur Reduktion von Ressourcen werden gestellt und beantwortet. Ideen entwickelt, wie das eigene Verhalten dazu beitragen kann. Was kann die Einzelperson beitragen, um die verfügbaren Ressourcen zu schonen und sinnvoll wie nachhaltig damit umgehen?
Nachhaltigkeit braucht Planung
Um das Ziel eines nachhaltigen Unternehmens zu erreichen, muss systematisch vorgegangen werden. Das heißt, der zweite Schritt folgt auf den ersten und der dritte Schritt auf den zweiten. Und der erste Schritt heißt: Verfahrensdokumentation. Um ganzheitlich etwas zu ändern, ist es zwingend notwendig, die Entwicklung von Ideen und Maßnahmen auf einer Verfahrensdokumentation zu stützen. Genau so hat es die hsp gemacht: Es wurde eine solche Verfahrensdokumentation aus dem Blickwinkel der Prozesse erstellt, wo im Unternehmen überall Papier verwendet wird. Zum Beispiel beschäftigte sich das Team mit folgenden Fragen:
- Wird Papier im Angebotsprozess benötigt?
- Wie werden Unterschriften unter Verträgen gehandhabt?
- In welcher Form werden ausgehende Rechnungen versendet?
- Werden noch Eingangsrechnungen auf Papier akzeptiert?
Von der Analyse zu den Konsequenzen
Durch die Form der Verfahrensdokumentation wurde ausnahmslos jeder papierbehaftete Prozess erkannt, geprüft und die heutige Ist-Situation dokumentiert. Im nächsten Schritt wurde geprüft, wie die hsp vom Ist-Prozess zum Soll-Prozess kommt, nämlich zu komplett papierfreien Prozessen. Folgende To-Dos wurden identifiziert:
- Umstellung der Angebote auf E-Mail-Versand mit angehängter PDF-Datei
- Einführung und Nutzung von digitalen Signaturen
- vollständige Umstellung der Ausgangsrechnungen auf E-Mail-Form
- Einführung eines DMS und die Information an alle Partner und Lieferanten, ab sofort nur noch Rechnungen digital an eine E-Mail-Adresse zu senden
Die ersten drei Punkte waren schnell realisiert, da diese allein durch eigene Entscheidungen umsetzbar waren. Der vierte Punkt aber erfordert Hartnäckigkeit, und zwar langfristig. Denn es ist alles andere als einfach, jeden Lieferanten zu überzeugen, seine eigenen Prozesse zu ändern, nur weil ein Unternehmen als „Ausnahme von allen anderen Kunden“ Rechnungen künftig digital erhalten will. Doch das Resultat war eindeutig: es funktioniert. Und nicht nur das.
Es führt sogar dazu, dass nicht nur die hsp, sondern ein weiteres Unternehmen – in diesem Fall der Lieferant – seine Prozesse umstellt und allen seinen Kunden die Rechnung per E-Mail sendet. Damit gibt es ein spannendes Zwischenergebnis: Eine Verfahrensdokumentation optimiert sowohl die eigenen Prozesse als auch die von Partnern, Kunden und Lieferanten.
Das Team muss mitziehen
Umsetzen lässt sich solch ein neuer Prozess allerdings nur, wenn die Mitarbeiter:innen von Beginn an in den Prozess eingebunden werden, also im Idealfall bereits vor der Erstellung der Ist-Dokumentation. Nur so können die Erfahrungen, Verfahren und Prozesse in ihrer ganzen Tiefe erfasst, begriffen und mit der Unternehmensleitung geteilt werden. Und die Leitung lernt dazu. Lernt, wie die erarbeiteten Maßnahmen im täglichen Berufsalltag in die Prozesse fließen, zum Leben erweckt und gelebt werden.
Dazu beitragen kann ein Workshop mit Mitarbeiter:innen, moderiert von einer unabhängigen Person, die nicht in die aktuellen Abläufe des Unternehmens eingebunden ist. Letzteres stellt sicher, dass die Person unverfänglich durch den Workshop führt, Grenzen in den Köpfen abbaut, unverfänglich Fragen stellt, ob aus Neugierde oder zum Verständnis. Solch eine Rolle kann beispielsweise ein:e Steuerberater:in übernehmen. Ergebnisse und Erkenntnisse des Workshops kann die Steuerkanzlei direkt zur Optimierung ihrer eigenen Prozesse nutzen, um beispielsweise Finanz- und Gehaltsabrechnungen für den Mandanten auf die künftigen, nachhaltigen Anforderungen anzupassen.
Im Workshop erkennen die Mitarbeiter:innen schnell, dass aktuelle Prozesse zwar funktionieren, allerdings nicht mehr optimal sind. Durch diese Erkenntnis steigen die Bereitschaft und der Wille, sich neuen Prozessen und Verfahren zu öffnen und Bestehendes zu ändern. Nicht selten sprudeln die Ideen der Beteiligten, wie Ideen zur Lösung aussehen könnten. Letztendlich geht Nachhaltigkeit uns alle an – nicht nur die Unternehmensleitung.
Resultate können schnell erzielt werden
Die Ideen können bereits bei der Erstellung der Ist-Dokumentation stichpunktartig notiert werden. Das Ziel einer vollständigen Darstellung der Ist-Situation sollte nicht aus dem Auge verloren werden. Erst nach einer vollständigen Aufnahme ergibt sich das gesamte Bild. Ideen und Vorschläge können dann ganzheitlich erarbeitet, geprüft und gemeinsam angegangen werden.
Bereits nach kurzer Zeit lassen sich erste Ergebnisse sehen. Je nach Umfang und Aufwand der Maßnahmen sind die Veränderungen mal mehr, mal weniger spürbar. Ganz richtig: Für das eine Unternehmen fühlen sich die Schritte nicht revolutionär oder gar weltbewegend an. Allerdings sollte das überhaupt nicht der Anspruch sein. Vielmehr stellt sich doch die Frage: Wie sieht es aus, wenn nicht nur ein Unternehmen diese Schritte geht, sondern zehn? Oder 100? Das erste Unternehmen kann schon einen kleinen Dominoeffekt auslösen, wie oben mit dem Lieferanten beschrieben.
Gemeinsam Veränderungen schaffen
In den letzten drei Jahren vor den Maßnahmen wurden durch das hsp-Office ca. 381,3 kg CO₂-äquivalente Luftschadstoffe durch den Stromverbrauch der Druckvorgänge, der Papierherstellung und der Druckmittelherstellung (Tinte, Toner, Drucker) emittiert. Auch schlugen diese Produktionskosten mit 2264 Litern Abwasser zu Buche, das aufwändig gereinigt werden muss.
Mit dem Papierverzicht vermeidet die hsp also jedes Jahr folgende Umweltkosten:
- 25,77 kg an CO₂-äquivalenten Luftschadstoffen
- 5,83 kg CO₂ durch das ausbleibende Bedrucken des Papiers
- 95,5 kg CO₂ durch den nicht erfolgten Energieverbrauch der Druckmittelherstellung
- 754,67 Liter Abwasser, das nicht mehr aufwändig gereinigt werden muss
Die Erstellung der Verfahrensdokumentation zur Reduktion oder Auflösung papierbehafteter Prozesse hat die hsp bereits 2019 durchgeführt. In der Zwischenzeit hat das Unternehmen weitere Prozesse und Verfahren mit Blick auf Nachhaltigkeit geprüft. Zwar gibt es in einem mittelständischen Software-Unternehmen wie der hsp Handels-Software-Partner GmbH nicht so viele Prozesse, die einen großen Einfluss auf die Nachhaltigkeit oder der Umweltbilanz haben.
Für sich betrachtet mag dies zutreffen. Doch je mehr Unternehmen das Ziel Nachhaltigkeit mit der Erstellung einer Verfahrensdokumentation anpacken, desto mehr wird gemeinsam erreicht – mit einem garantiert spürbaren Gesamtergebnis.
Paul ist Geschäftsführer der hsp und derjenige, der die Klappe hält. Seine Top-Themen: Medienbrüche mittels Software abschaffen. Verfahrensdokumentation, IKS, TCMS und weitere Compliance Themen. Sein aktuelles Projekt: Verrechnungspreisdokumentationen ohne Medienbrüche erstellen. Mittels Taxonomie.