Das Thema Internes Kontrollsystem kann im heftigsten Fall ein Unternehmen retten. Daher sollte das IKS sowieso schon einen hohen Stellenwert einnehmen. Allerdings platziert IKS-Experte Viktor Rebant sein massives, dreistündiges E-Learning-Modul übers Interne Kontrollsystem im Weiterbildungskurs Digitalisierungsberater:in der hsp Academy. Aber wieso? Zu den Gründen und Inhalten hat er sich in „hsp live um 11“ ausführlich geäußert.
Viktor Rebant arbeitet als Referent der Geschäftsführung bei der Innotax GmbH. Als ausgewiesener IKS-Experte war er schon häufiger Gast bei Paul Liese im Livestream. Beim Aufbau eines wirklich kompletten Weiterbildungskurses zum Thema Digitalisierungsberatung lag es daher nahe, auch auf Viktors Fachwissen zu setzen. Drei Stunden Material sind allerdings nicht ohne, auch wenn – wie Paul bemerkte – das komplette E-Learning nicht am Stück absolviert werden muss. Daher erklärte Viktor zunächst einmal, wieso er sich für diesen Umfang entschieden hat.
Wichtig war ihm, das komplette Bild des IKS abzubilden, beginnend mit der Frage: Was ist überhaupt ein Risiko? „Das (Modul) ist wirklich nah an der Praxis konstruiert, das war mir sehr wichtig“, so Viktor. „Damit man nach dem E-Learning sagen kann: Ich weiß, was im Grundsatz ein IKS ist, ich weiß, was überhaupt ein Risiko ist und ich weiß, wie ich was in der Praxis umsetzen kann oder wo muss ich tiefer reingehen, wo kann ich an der Oberfläche bleiben?“
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Digitalisierung als Branchenbeben
Dabei hat die Digitalisierung in der Steuerbranche etwas bewirkt, was sofort nicht ersichtlich ist. Denn mit ihr mussten die Steuerberater:innen zurück zu ihren Wurzeln und sich mit den Aufzeichnungspflichten beschäftigen. Heute gibt es unzählige Schnittstellen, über die Informationen bzw. Daten empfangen werden. Allerdings stellt sich die Frage: Ist die Schnittstelle, die ich da gerade anspreche, auch rechtlich in Ordnung? Ohne eingebaute Prüfungen könnte es passieren, dass Daten unvollständig oder falsch verarbeitet werden.
In diesem Kontext erklärt Viktor anschaulich, wieso die Themen Internes Kontrollsystem und Digitalisierungsberatung eng miteinander verknüpft sind. Wenn heute eine Information digital eintrifft, muss sie einen digitalen Freigabeprozess durchlaufen. Auch die notwendigen Authentifizierungen erfolgen digital. Entsprechend müssen digitale organisatorische Einheiten geschaffen werden, damit alle rechtlichen Pflichten erfüllt werden. Anhand der Einheiten kann später bei einer Betriebsprüfung überprüft werden, ob das Unternehmen die notwendigen Schritte eingehalten hat.
Darüber hinaus betont Viktor, dass man ohne Dokumentation erst gar nicht mit dem Thema IKS beginnen sollte. Denn Prozesse können nur optimiert werden, wenn diese festgehalten werden. Und ein IKS bedeutet permanente Prozessoptimierung. An dieser Stelle weist Viktor auf das Modul Prozessmodellierung seines Academy-Kollegen Torsten Busse-Stein hin.
Die Barriere heißt Angst
Als Paul seinen Gast nach den größten Blockern bei Kanzleien gegenüber IKS fragt, antwortet Viktor schnell. Zum einen ist es die Berührungsangst. Zwar handelt es sich auch hier um ein steuerrechtliches Thema, allerdings laufen 90 Prozent der Unternehmensprozesse bei den Mandaten über ein Warenwirtschaftssystem ab. Und mit der genutzten Anwendungssoftware kennen sich die meisten Berater:innen nicht aus.
Abgesehen davon stellt die Software selbst oft ein großes Problem dar, da sie laut Viktor Rebant qualitativ erhebliche Mängel aufweist. Etwa durch fehlende Dokumentations- oder Optimierungsmöglichkeiten. Zum anderen fehlt es laut Viktor an den Basics, also dem Wissen über Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten. Aus seiner eigenen Erfahrung berichtet der Dozent, dass er diese Themen sowohl während seiner Ausbildung als auch im Studium nicht behandelt hat.
Wissensdurst und Anspruch als Motor
Hier stellt sich also die Frage: Wie bekommt man es trotzdem hin? Genau da setzt das Tri-Learning-Prinzip der hsp Academy an. Erst durchläuft der Kursteilnehmende die E-Learnings. Anschließend steigen Teilnehmer:in und Dozent in die Praxis ein. Dabei fällt Viktor eine Anekdote ein, wie er selbst sich ins Thema reingefressen hat. Seiner Meinung nach spielt es eine große Rolle, wie hoch der Anspruch einer beratenden Person an die eigene Beratungsleistung ist. Da die Hersteller von Anwendungssoftware den Erklärteil gerne mal den Steuerberatungen überlassen, hat sich Viktor die Handbücher der Programme geschnappt und durchgearbeitet. So konnte er am Ende seinem Mandanten ganz genau sagen, wie dieser die Rabatte in seiner Software dokumentieren kann, damit es keine GoBD-Probleme gibt.
Zum Thema Software hat er noch einen interessanten Punkt beizusteuern. Seiner Meinung nach haben gute Softwarelösungen eine Sache gemeinsam: Sie ermöglichen eine feine Administrierung der Userrechte, also Einzelrechte oder Gruppenrechte. Dies ist elementar für das Thema IKS. Denn nur so ist es möglich, die organisatorisch aufgebauten Kontrollen auch technisch umzusetzen. Erstere brächten nichts, so Viktor, wenn man diese technisch aushebeln könne.
Anschließend spricht er das Process Mining an. Dazu erzählt Viktor, dass er nicht selten vorab die Daten aus dem Warenwirtschaftssystem zieht und eine digitale Betriebsprüfung durchspielt. So kann er direkt Schwachstellen entdecken und Optimierungen angehen. Zum Zeitaufwand bemerkt Viktor, dass eine homogene Mandatsstruktur den zeitlichen Aufwand mit zunehmender Erfahrung verringert. Schließlich gleichen oder ähneln sich viele Prozesse innerhalb einer Branche.
Steuerbranche braucht neue Geschäftsfelder
Nebenbei spricht Viktor über einen spannenden Ansatz. Seiner Ansicht nach könnten Steuerberatungen in das IKS eines Mandats eingebunden werden. So könnte die Steuerberatung Kontrollen übernehmen, etwa in den Bereichen Forderungsmanagement oder Kreditoren und Co. Damit bieten sich Kanzleien völlig neue Geschäftsfelder an, die erschlossen werden können.
Im Anschluss stellt Paul die Frage, ob das Geschäftsfeld Digitalisierungsberatung für Steuerberatungen alternativlos seien. Viktor Rebant hat da eine ganz klare Vorstellung, die er erläutert. Seiner Ansicht nach gehören Prozessberatung, Digitalisierungsberatung, Softwareberatung und Steuerberatung fest zusammen. Steuerberater seien prädestiniert für die Datenverarbeitung. „In den letzten Jahrzehnten hat der Berufsstand doch nichts anderes gemacht außer Daten erfasst und verarbeitet“, so Viktor. Jetzt stehe schlichtweg der nächste Schritt an. Heute bekommen Steuerberatungen fertig erfasste, strukturierte Daten. Die Herausforderung besteht darin, diese anschließend automatisiert mit möglichst geringem Risiko zu verarbeiten. Viktors klare Ansage: „Wenn die Steuerbranche das verpennt, dass man sich diese Geschäftsfelder holt, dann wird sie sich jemand anderes holen.“
Vertrauensvorsprung nutzen
Eine gute Begründung, wieso Steuerberatungen aktuell noch einen Vorsprung bei den Unternehmen haben: „Wir sind das Trust Center für die Mandanten“, so Viktor. Zudem stellt der Experte heraus, dass die Steuerberatungen so auch gleich die rechnungslegunsbezogenen Prozesse optimieren können. So können die Daten besser erfasst und verarbeitet werden. Auf der anderen Seite optimiert das Unternehmen seine Prozesse. Im Idealfall also arbeiten Steuerberatung und Mandat gemeinsam am Unternehmenserfolg. Darüber hinaus vermeiden Schwierigkeiten bei der Betriebsprüfung Stolperfallen in Kanzleien, was nur im Interesse aller Beteiligten sein kann.
Am kommenden Freitag, den 18.6.2021, findet der nächste Livestream „hsp live um 11“ statt. Zu Gast ist Wirtschaftsprüfer Tobias Polka. Mit Paul spricht er über das Thema Verrechnungspreisdokumentation – wie jede Woche ab 11 Uhr.
Paul ist Geschäftsführer der hsp und derjenige, der die Klappe hält. Seine Top-Themen: Medienbrüche mittels Software abschaffen. Verfahrensdokumentation, IKS, TCMS und weitere Compliance Themen. Sein aktuelles Projekt: Verrechnungspreisdokumentationen ohne Medienbrüche erstellen. Mittels Taxonomie.