Interview: Leiter Finanzen, Denis Glowicki von der Wicke GmbH + Co. KG
Obwohl längst Pflicht, haben sich viele Unternehmen immer noch nicht um die Verfahrensdokumentation gekümmert. Dabei frohen nicht nur empfindliche Konsequenzen. Die eigenen Prozesse zu kennen, birgt jede Menge Vorteile. Im Gespräch mit Paul Liese erläutert Denis Glowicki, Leiter Finanzen bei der Wicke GmbH + Co. KG, das Thema Dokumentation aus unternehmerischer wie aus Compliance-Sicht.
Paul Liese: Ich wünsche einen wunderschönen guten Morgen aus Hamburg aus dem „hsp TV Studio“. Wir haben wieder einen spannenden Gast bei uns im Livestream: den Denis Glowicki, der sich auch gleich selbst vorstellen wird. Es geht um das Thema „Prozesse dokumentieren“, und zwar nicht aus der Sicht eines Steuerberaters, sondern eher aus der Sicht eines Unternehmens. Schönen guten Morgen, Denis.
Denis Glowicki: Guten Morgen Paul!
Paul Liese: Geht es dir gut?
Denis Glowicki: Ja, mir geht es gut. Sonniges Wetter, es ist Freitag. Warum sollte es mir schlecht gehen?
Paul Liese: Da hast du recht. Stell dich doch einmal kurz vor. Wer bist du? Was machst du? Und warum kannst du etwas zu dem Thema „Prozesse dokumentieren“ beitragen?
Denis Glowicki: Mein Name ist Denis Glowicki. Ich bin 45 Jahre alt. Ich arbeite im Moment bei der Wicke GmbH & Co. KG. Das schon ganz schön lange, 12 Jahre sind es mittlerweile. Wir sind ein Industrieunternehmen, das Schwerlasträder und- rollen herstellt. Und ich bin in dem Bereich Finanzen zuständig. Du hast es gerade angesprochen, was die Sicht des Steuerberaters beleuchtet: auch das habe ich mal gemacht. Ich habe diesen Bereich „Finanzen, Rechnungswesen, Steuern“ schon aus verschiedenen Blickwinkeln in meiner Berufskarriere beobachten dürfen. Vor 23 Jahren habe ich angefangen, bei einem Finanzamt zu arbeiten und war dort mehrere Jahre im Außendienst tätig, habe dann mit Ende 20 meine Steuerberaterprüfung gemacht. Ich war dann sechs Jahre in der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung tätig. Und nun bin ich schon ziemlich genau 12 Jahre im Industrieunternehmen, wo ich das sozusagen von der dritten Seite beleuchte und mir die Prozesse und Aufgaben anschaue.
Paul Liese: Das heißt, das Thema „Prozesse dokumentieren und bewerten“ hat dich die ganze Zeit über immer begleitet?
Denis Glowicki: Die ganze Zeit vielleicht nicht. Das ist einem am Anfang der Karriere ja nicht so bewusst, dass das auch dazu gehört und wie wichtig das ist. Aber das hat natürlich mit den aktuellen Aufgaben zugenommen. Es ist ein wichtiger und nützlicher Aspekt, um seine Arbeit effizient zu organisieren.
Paul Liese: Über was für Prozesse sprechen wir jetzt eigentlich, die ihr dokumentiert habt?
Denis Glowicki: Die wir mit dem C4B-Team aufgeschrieben haben? Das hat sich so ein bisschen entwickelt. Wir wollten uns eigentlich nur in dem Bereich „Rechnungswesen und Controlling“ bewegen. Das Problem ist immer, festzustellen, womit man anfängt. Ein Prozess, der z.B. mit dem Rechnungseingang oder dem Rechnungsausgang beginnt, ist ja nicht vollständig, sodass sich die Prozesse, die wir aufgezeichnet haben, auch etwas entwickelt haben. Wir haben uns immer weiter nach vorne zu den Ursprungsprozessen bewegt; wo kommt die Rechnung eigentlich her? Ist es eine Bestellung oder ein Auftrag eines Kunden? Aber auch nach hinten raus: Was passiert eigentlich noch danach? Welche besonderen Aspekte gibt es noch, wenn eine Zahlung eingegangen oder erfolgt ist? Auch da haben wir noch verschiedene Sonderaspekte mit eingebracht. Sodass sich die ganze Sache im Laufe der Zeit entwickelt hat und immer größer geworden ist.
Paul Liese: Ich wollte es gerade sagen. Wenn ihr beim Rechnungseingang oder beim Rechnungsausgang angefangen habt, ist ja die ganze Entstehungsgeschichte gar nicht dokumentiert. Gerade dann – du hast jetzt ja auch gerade zwei Blogartikel zu dem Thema geschrieben – macht es ja Sinn, die komplette Kette zu betrachten und zu dokumentieren, um zu schauen, wo eigentlich die Optimierungspotenziale sind. Ist das nicht das Spannendste an der Dokumentation? Die Prozesse festzustellen, wo man etwas verändern kann, und man dadurch Optimierungen generiert?
Denis Glowicki: Das machen Unternehmen ja auch. Nur sie machen das oftmals nicht selbst. Was in einem wachsenden, in einem erfolgreichen Unternehmen in der Regel passiert ist ja Folgendes: In einem 10-Mann-Unternehmen weiß noch ungefähr jeder, was der andere tut und auch der Chef weiß im Prinzip, was seine Mitarbeiter machen. Aber wenn das Unternehmen erfolgreich ist und es im Laufe der Zeit wächst, dann wird die Aufgabenbreite deutlich vielfältiger, es kommen neue Mitarbeiter dazu und die Übersicht verschwindet. Ab einem gewissen Punkt tritt eine Ineffizienz ein. Und was machen Unternehmen dann normalerweise? Sie holen sich Unternehmensberater ins Haus, die mehr als die Hälfte der Zeit eigentlich damit verbringen, erst einmal die Prozesse aufzunehmen.
Wenn man das selbst macht, kann man das deutlich effizienter und für sich nutzbar machen. Natürlich sind Unternehmensberater wichtig, keine Frage. Ein Blick von außen ist immer wichtig. Aber jedes Unternehmen könnte selbst die Prozesse aufnehmen und daraus Effizienzgewinne generieren. Nichts anderes machen Unternehmensberater ja auch. Sie generieren Effizienzgewinne und bringen „Blindarbeiten“, was im Wachstum dadurch entsteht, dass nicht mehr jeder weiß, was der andere tut und was dessen Aufgaben eigentlich sind. Es gibt auch andere Bereiche. Ihr seid ja ein Softwareunternehmen und du hast viel Erfahrung damit. Auch bei einer Softwareeinführung ist es sehr wichtig, dass man seine Prozesse kennt. Denn oftmals führt man eine Software ein und stellt dann fest: „Ach dafür brauche ich auch noch eine Lösung, wenn ich eine Software ablösen will.“ Das ist ja dasselbe an der Stelle. Da muss ich auch wieder meine Prozesse kennen.
Prozesse selbst dokumentieren
Paul Liese: Ja. Du hast eben einen Punkt eingeworfen, dass das Unternehmen die Prozesse selbst dokumentieren kann. Was muss die Personalie, die das tun soll, dafür mitbringen?
Denis Glowicki: Sie muss erst einmal stark im Bereich Kommunikation sein. Denn sie muss sich ja die Arbeitsbereiche einzelner Mitarbeiter anschauen. Und es gibt dort viele verschiedene Persönlichkeiten. Es gibt Mitarbeiter, die sehr offen sind und bereit sind, ihr Aufgabenspektrum offenzulegen. Es gibt aber auch ganz andere Persönlichkeiten. Und manchmal schwingt auch ein bisschen Angst mit. „Was will der jetzt genau von mir?“ Das ist auch bei den Unternehmensberatern nichts anderes, wenn die ins Haus kommen und die Prozesse aufnehmen. Da schwingt immer eine gewisse Grundangst mit. „Warum macht der das? Warum will der das wissen?“ Von daher braucht man Kommunikationsstärke und auch ein gewisses Einfühlungsvermögen und man muss natürlich erklären, warum man das jetzt genau tut. Man will nichts wegnehmen, sondern man will die Effizienz steigern. Das muss man tatsächlich auch gut verkaufen können.
Paul Liese: Gehört da nicht auch eine riesige Portion Neugier dazu, erfahren zu wollen, wie die Kollegen im Haus arbeiten, um das einfach mal runter zu dokumentieren? Es geht ja nicht darum, dass derjenige, der dokumentiert, gleich mit einem Bündel an Verbesserungen um die Ecke kommt, sondern er soll ja erstmal nur das Ist aufnehmen, oder?
Denis Glowicki: Natürlich, er soll das Ist aufnehmen. Ich weiß nicht, ob da eine gewisse Neugier notwendig ist. Vielleicht eine Neugier darauf, wie Dinge eigentlich zusammengehören, wie Aufgaben am Ende wieder zusammenpassen, welchen Zweck sie eigentlich haben. Das sind Fragen, die sich nicht nur der Aufnehmende stellen sollte, sondern jeder Mitarbeiter im Unternehmen muss ja wissen, wofür er Aufgaben bekommt. Wenn ich nicht weiß, was der Sinn und Zweck einer Aufgabe ist, sondern ich nur ein kleines Rädchen in dem ganzen Prozess bin, dann muss ich ja das Ende dieses Prozesses kennen, damit ich weiß, was meine Rolle darin ist. Das ist ja diese sogenannte sinnstiftende Arbeit, die man damit produziert. Und nur wenn ich den Sinn und Zweck einer Aufgabe kenne, kann ich auch über Verbesserungen nachdenken. Diese Dinge gehören tatsächlich so zusammen.
Paul Liese: Okay. Jetzt habt ihr die ganzen Prozesse dokumentiert. Was ist die Konsequenz für euch daraus gewesen? Ihr habt die Optimierung erkannt, habt das dann vielleicht umgesetzt. Aber wie lebt die Dokumentation jetzt bei euch?
Denis Glowicki: Also wir haben erstmal eine Vorlage erstellt. Wir können keine Dokumentation liefern. Nur eine Vorlage, weil die Prozesse doch teilweise individuell sind. Wir haben versucht, den Teil abzubilden, der eigentlich in so gut wie jedem Unternehmen vorkommt. Wir haben das auch an zwei, drei Unternehmen getestet und können sagen, dass wir im Normalfall so zwischen 70 % und 80 % der vorkommenden Prozesse abbilden. Die restlichen 20 % bis 30 % sind halt sehr individuell und von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich.
Aber es ist ja immer einfacher, an die Sache einer Prozessaufnahme heranzugehen, wenn ich schon eine Vorlage habe und auch ein Muster dafür, wie man das macht. Denn die Einstiegshürde, damit zu beginnen, ist doch relativ hoch. Und auch wir im Team, als wir das aufgeschrieben haben, haben manche Prozessketten zwei-, dreimal neu angefangen und verändert, bis es so war, dass wir gesagt haben: „Das ist vernünftig so. Das ist verständlich, wie wir das dokumentiert haben.“ Und diese Einstiegshürde wollen wir eigentlich damit nehmen und eine Vorlage schaffen, an der man sich orientieren kann, mit der man arbeiten kann und die man dann um seine speziellen Prozesse ergänzt.
Paul Liese: Für diejenigen, die noch nicht den Kontext kennen: Wir sprechen jetzt gerade von den C4BManuals, wo es um die Prozesse Kreditoren, Debitoren und Anlagevermögen geht. Und ich glaube aktuell arbeitet ihr dann auch an den nächsten Themen wir dem Jahresabschluss z.B. Die Frage ist: Wenn ich jetzt diese Prozesse oder diese Dokumentation bekomme, was kann ich damit als Unternehmer machen? Oder auch als Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, der so einen Mandanten hat, mit dem er das Thema angehen möchte?
Denis Glowicki: Er kann es als Vorlage benutzen, aber es ist manchmal auch ganz wichtig, zu vergleichen. Es ist ja erstmal nicht nachteilig, wenn ich feststelle, dass bei mir ein Prozess anders läuft als wie wir dargestellt haben. Das kann ja Sinn und Zweck haben. Aber man hat ja als Unternehmen oftmals keine Vergleichsmöglichkeiten. Wie machen das eigentlich andere? Wir haben jetzt hier aus unserer Gemeinschaft von sechs Leuten, die das zusammengetragen haben und auch viel darüber diskutiert haben, diese Module entwickelt, die du gerade genannt hast. Und wir haben aus unserer gesammelten Erfahrung heraus Musterprozesse erstellt, wo wir denken, dass das das Optimale ist, wie man einen Prozess gestalten sollte. Und das kann man halt mit seinen eigenen Prozessen vergleichen und schauen, warum es abweicht oder ob es genauso ist, wie es da steht. Das ist der Vorteil dabei.
Paul Liese: Eine ganz konkrete Frage: Kann ich aus diesen Prozessen, die ihr dort dokumentiert habt, eine Verfahrensdokumentation für mein Unternehmen ableiten?
Denis Glowicki: Eine komplette nicht, aber das ist ja ein Teil davon. Die Prozessbeschreibung ist ja ein Teil der Verfahrensdokumentation – und ich glaube auch der am schwierigsten zu erstellende. Das habe ich ja gerade schon versucht zu erklären. Die Einstiegshürde ist relativ hoch. Ich kann das als Muster verwenden. Ich kann es nicht eins zu eins einfach in meine Verfahrensdokumentation implementieren, denn die Verfahrensdokumentation soll ja die reale Welt im Unternehmen abbilden. Aber ich kann es als große Hilfe dafür benutzen.
Paul Liese: Diese Prozessbeschreibungen, die von euch kommen, beschreiben ja den Prozess oder die Tätigkeit an sich. Was halt im Kontext fehlt, ist: Mit welcher Software mache ich das? Wer ist verantwortlich dafür? Welche Themen hängen hintendran? Das heißt, wenn ich mich mit den Prozessen beschäftige und das dokumentiere und auch eure Vorlage als Muster verwende, um mich daran lang zu hangeln, um zu gucken, wie es andere machen, wie ich es mache, was besser sein könnte, komme ich automatisch – so ist zumindest meine Erfahrung in solchen Projekten – immer an die Punkte, was ich alles brauche, um einen Prozessschritt umsetzen zu können. Und wenn ich das dann in die Dokumentation hinzufüge, dann komme ich im „Abfallprodukt“ zu einer Verfahrensdokumentation, aber eigentlich habe ich ein Organisations- und Prozesshandbuch für mein Unternehmen, das genau dokumentiert, wer wann was mit wem und mit welchem Werkzeug macht.
Denis Glowicki: Da gibt es ja auch verschiedene Sichten. Das Management selbst möchte ja sehen, wie die Prozesse im Unternehmen laufen. Über die Verwendungsmöglichkeiten habe ich ja gerade schon gesprochen. Aus der Mitarbeitersicht ist es ganz wichtig zu sehen, in welche Prozesse man eigentlich mit seinen Aufgaben integriert ist und was der Sinn und Zweck dieses Teilprozesses ist, den man gerade bearbeitet. Wo läuft das eigentlich hin? Woran arbeite ich eigentlich mit?
Das ist diese sinnstiftende Arbeit. Und das ist ganz wichtig, um die Motivation hochzuhalten, um das
Verbesserungspotenzial im Unternehmen zu halten. Denn die Prozessaufnahme durch Externe bringt ja oftmals zutage, dass Verbesserungspotenzial, Einsparungspotenzial und Effizienzpotenzial zugegen sind. Das ist ja wie so ein Bereinigungslauf, den ich dann mache und den ich meistens auch relativ teuer bezahle. Wenn man das lebt und in gewissen Abständen selbst macht, ist es nicht nur günstiger, sondern man braucht diese Bereinigungsläufe nicht mehr. Man hebe immer kontinuierlich das Einsparungs- und Verbesserungspotenzial. Das ist die Idee.
Einsparungs- und Verbesserungspotenzial heben
Paul Liese: Genau. Die Idee haben wir ja auch aufgegriffen, als wir letztes Jahr gemeinsam den ersten Kontakt hatten, dass wir eine Webapplikation zur Verfügung stellen wollen und werden und bereits auch an der Entwicklung dran sind, über die dann die Prozesse, die in dem Unternehmen dokumentiert sind, den einzelnen Rollen oder Mitarbeitern im Unternehmen zur Verfügung gestellt werden und die dann sehen: „Was ist mein Prozessschritt? Wo ist überall mein Name, meine Rolle mit verknüpft? Was passiert in meinem Prozessschritt bzw. davor oder danach? Warum tu ich das überhaupt? Warum ist es wichtig, dass ich das tue?“
Und ich denke, eine wichtige Funktion an der Stelle, die wir im Blick haben, ist auch, dass ich, wenn ich jetzt als Paul Liese meinetwegen im Einkaufsprozess unterwegs bin und Angebote von Lieferanten einholen soll, dann auch Einfluss auf die Prozessdokumentation haben kann, indem ich sage: „Ich arbeite jeden Tag an diesem Prozessschritt. Ich habe hier mal eine Empfehlung oder Idee, wie wir das anders machen können, um das und das vielleicht zu verbessern. Und das ist ja das, was zumindest meiner Wahrnehmung nach in Unternehmen nicht so oft passiert. Es wird irgendwo ein tolles QM-Handbuch geschrieben, eine tolle Prozessdokumentation, die liegt dann in irgendeinem schönen Schrank, aber sie schleicht sich mit der Zeit aus, weil das Wissen über die Prozesse im Unternehmen, wie es eigentlich sein sollte, wieder verloren geht und dann kommt es irgendwann wieder zu diesem Bereinigungslauf, von dem du gesprochen hast.
Aber wenn ich das ins Leben bringe und aktiv allen Beteiligten, die in den Prozessen hängen, immer wieder vor Augen halte, es ihnen leicht mache, das zu lesen, zu kommentieren, zu optimieren und mit daran arbeiten zu dürfen es zu verbessern – etwas besseres kann ja nicht passieren in einer Prozessdokumentation, oder?
Denis Glowicki: Deswegen finde ich diese Idee, auf eine Webanwendung umzustellen, auch ganz wichtig. Nicht nur für den, der die Prozesse aufnimmt, damit er das auf einem Tablet oder wie auch immer mitnehmen kann, sondern auch dass die Mitarbeiter darauf Zugriff haben. Denn nur dann, wenn die Mitarbeiter effizient und von jedem Ort aus darauf Zugriff haben, können sie gut damit arbeiten und dann auch ihre Änderungen usw. gleich mit hineinschreiben. Ich finde, das ist eine hervorragende Idee. Man kann Bilder integrieren usw. Das erleichtert die Umsetzung, das wirklich zu leben. Ich weiß, ihr arbeitet da gerade dran, und ich bin schon sehr gespannt, wie das dann aussieht und welche Funktionalitäten dazu kommen. Das wird die Sache weiter unterstützen, glaub ich, wenn es eine leicht portable Version davon gibt.
Paul Liese: Davon sind wir auch überzeugt. Jetzt aktuell haben wir ja – wie wir das bei C4B nennen – die Professional License fertig, wo mit den Vorlagen angefangen werden kann, die von euch kommen, die eigenen Prozesse zu überprüfen und zu dokumentieren. Und während die Unternehmen vielleicht dabei sind, eure Vorlagen zu verwenden, um zu schauen, „wie arbeiten wir und wie steht es hier in der Vorlage und was können wir daraus für uns mitnehmen oder besser machen“, entwickeln wir jetzt die Webanwendung, damit die in Kürze zur Verfügung steht, sodass dann auch die ersten Prozessketten in das Unternehmen ausgerollt werden können, um dann als Feedback gucken zu können, was eigentlich der Prozessverantwortliche dazu sagt. Ist nur Wunschdenken formuliert oder ist das auch wirklich praktikabel?
Denis Glowicki: Und warum läuft das eventuell anders, was in unseren Prozessketten, in unseren Vorlagen vorhanden ist? Warum habe ich es in meinem Unternehmen anders? Macht das Sinn? Gibt es dafür Gründe? Oder sollten wir darüber nachdenken, diese Ideen dort mit aufzugreifen? Was wir auch integriert haben, sind ja nicht nur die reinen Prozesse, sondern auch – ganz wichtig – Internes Kontrollsystem; da sind Tipps enthalten. Wo ist es ganz wichtig zu kontrollieren? Und wir haben auch Digitalisierungstipps integriert, um dort noch eine weitere Hilfestellung zu geben.
Paul Liese: Bei dem Thema IKS habe ich eine ganz konkrete Frage an dich: Wenn ich meine Prozesse nicht dokumentiert habe, wie kann ich dann ein IKS aufsetzen?
Denis Glowicki: Das ist relativ schwierig.
Paul Liese: Das ist doch eigentlich unmöglich, oder?
Denis Glowicki: Ja, dann muss ich die Aufgaben jedes Mitarbeiters im Prinzip kennen. Dann habe ich die Prozessschritte im Kopf, aber ab einer gewissen Unternehmensgröße funktioniert das nicht mehr. Und ein fehlendes IKS bedeutet, ich laufe Gefahr, in Risiken hineinzulaufen oder auch Geld zu verlieren – auf welchem Weg auch immer, durch Fremdeinwirkung, durch eigene Mitarbeiter, durch Fehler. Dessen muss sich jeder bewusst sein, der das nicht hat.
Paul Liese: Ja. Also ich spreche ja immer von dieser GoBD-Pryramide. In den GoBD ist ja festgehalten, dass ich als Unternehmer eine Verfahrensdokumentation haben soll und ich sollte auch ein Internes Kontrollsystem haben. Das heißt, wie du es eben schon gesagt hast, meine Prozesse muss ich dokumentieren, dann kann ich mein Internes Kontrollsystem auf die Prozesse setzen und sagen, an welchen Prozessschritten ich welche Risiken habe. Und ganz oben an dieser Pyramidenspitze steht ja das Text-Compliance-Management-System. Und da macht es ja eigentlich Sinn, wenn ich die unteren beiden Ebenen erfüllt habe, das dann oben drauf zu setzen und auch gut begründen zu können, warum ich dort im TCMS bestimmte Risiken sehe oder auch nicht.
Denis Glowicki: Das wird mehr oder weniger in das eigentliche IKS integriert; wie du es eben auch sagtest, als Spitze oben draufgesetzt. Das ganze Grundgerüst bildet das eigentliche IKS oder viele Bereiche des normalen Bereiches des IKS und das Text-Compliance wird als Spitze oben draufgesetzt. Da fließen aber viele Einflüsse aus anderen Bereichen des Internen Kontrollsystems ja bereits ein. Dass Steuerzahlungen pünktlich geleistet werden, dass alle Zahlungen in dem Berich pünktlich geleistet werden, sollte so integriert sein. Von daher ist ein großes Grundgerüst darunter notwendig, damit ich dieses Text-Compliance-Management-System im Endeffekt dann auch habe.
Paul Liese: Also egal, von welcher Seite ich auch komme: Wenn ich von oben vom Text-Compliance- Management-System nach unten gehe oder von unten von der Dokumentation der Prozesse nach oben, ich muss es immer nachher irgendwo dokumentieren, damit ich das andere erreiche. Von daher ist es wichtig, dass sich Unternehmen mit ihren Prozessen beschäftigen, diese dokumentieren und daraus dann die anderen Sachen ableiten können. Denn ich denke, auch wenn wir jetzt aktuell in der Krisensituation mehr mit Unternehmenserhalt beschäftigt sind, wird das Thema wieder hochkommen und mehr an Fahrt gewinnen – so meine persönliche Wahrnehmung. Sodass die Unternehmen, allein was nachher die Kreditsituation betrifft, vernünftig aufgestellt sind, um dort auch nachzuweisen, dass man sich an Compliance-Regeln hält.
Denis Glowicki: Abschließend möchte ich noch dazu sagen, dass es nie den richtigen Zeitpunkt gibt, damit anzufangen. Das ist schwierig in den Zeiten, wo man sehr viel zu tun hat. Das ist vielleicht auch in der aktuellen Situation schwierig. Man sollte das einfach mal versuchen. Man sollte diese Aufgabe ganz konkret jemandem geben, der auch Spaß daran hat, so etwas aufzunehmen. Über die Fähigkeiten haben wir vorhin schon kurz gesprochen. Aber irgendwann muss ich diese Sache mal ins Laufen bringen und mich damit mal beschäftigen.
Und es fällt umso leichter – und das habe ich heute versucht zu erklären – wenn man sieht, welchen Nutzen man daraus ziehen kann. Man hat die Auflagen eine Verfahrensdokumentation zu haben, aber wichtig ist, dass man auch den Nutzen für sich erkennt und auch die Kostenersparnis daraus ableiten kann, warum man das tun soll. Dann fällt der Einstieg auch leichter. Egal was man gerade für eine Zeit hat, ob es schwierig ist, wie im Moment, oder ob man viel zu tun hat, gut ausgelastet ist. Die Sache muss einfach gelebt werden, in guten wie in schlechten Zeiten. Nur dann macht es Sinn.
Prozessdokumentation aus verschiedenen Richtungen betrachten
Paul Liese: Ich glaube, es gibt immer spannendere Themen als zu dokumentieren, wenn man ganz am Anfang steht. Aber wenn man erst einmal angefangen hat, merkt man, dass das richtig Freude machen kann, weil man einfach Erkenntnisse gewinnt, die man sonst nicht gehabt hätte.
Denis Glowicki: Und bei der nächsten Softwareumstellung wird man froh sein, dass man das gemacht hat, und man bringt diese Projekte schneller hinter sich. Ganz wichtig ist es noch, dass die Prozessdokumentation aus verschiedenen Richtungen betrachtet wird; aus Management-Sicht und aus Sicht des Unternehmens. Dann kann daraus auch viel Nutzen für die Mitarbeiterintegration und die Verbesserungsprozesse bzw. Verbesserungsvorschläge, die von Mitarbeitern kommen, gezogen machen an der Stelle. Dass das Potenzial gehoben wird.
Paul Liese: Ja, also bleibt uns beiden, nur noch zu sagen: „Legen wir los!“ Oder?
Denis Glowicki: Ja, dann frisch ans Werk. Das ganze C4B-Team ist gespannt, welche Rückmeldungen wir dann von den ersten Einführungen und den ersten Umsetzungen bekommen. Es wird auf jeden Fall eine spannende Zeit in den nächsten Wochen.
Paul Liese: Vielen Dank für deine Zeit. Ich wünsche dir noch einen schönen Freitag und ein tolles Wochenende. Und bleib gesund!
Denis Glowicki: Ja, Paul. Bis bald!
Paul ist Geschäftsführer der hsp und derjenige, der die Klappe hält. Seine Top-Themen: Medienbrüche mittels Software abschaffen. Verfahrensdokumentation, IKS, TCMS und weitere Compliance Themen. Sein aktuelles Projekt: Verrechnungspreisdokumentationen ohne Medienbrüche erstellen. Mittels Taxonomie.