Mit der Digitalisierung der Betriebsprüfung ändern sich bei allen Beteiligten viele Dinge. Letztendlich sollen die digitalen Neuerungen aber eines erreichen: Die Vereinfachung des Prüfungsprozesses für alle. Dabei verfolgen Betriebsprüfer:innen, Steuerberatungen und Mandanten unterschiedliche Ziele. Wie sind diese in Einklang zu bringen – ist dies überhaupt möglich? Darüber spricht bei „hsp live um 11“ eine Expertenrunde mit geballtem Fachwissen und viel Erfahrung.
In der hsp Talk-Arena begrüßt Paul vier spannende Gäste. Zum einen ist da Eugen Müller, Steuerberater und Dozent an der hsp Academy. Auch dabei: Martin Weidemann, ebenfalls Steuerberater und Leiter der Steuerabteilung bei der Treuhand Hannover GmbH, früher selbst Betriebsprüfer. Dazu gesellt sich Viktor Rebant, ausgebildeter Steuerfachangestellter und IKS-Dozent an der hsp Academy. Komplettiert wird die Runde durch Gregor Danielmeyer. Der erfahrene Betriebsprüfer ist heute wieder als Privatperson zu Gast und gibt ausschließlich seine private Meinung wieder.
Erste Frage: Kann ein Unternehmer alles richtig machen, so dass ein Betriebsprüfer nichts finden kann – oder ist das per se unmöglich? Eugen erinnert sich an ein Beispiel, wo es tatsächlich mal geklappt hat, dass es am Ende nichts zu beanstanden gab. Die Regel sei das aber nicht. Die Frage, woran es liegt, dass es kaum perfekte Prüfungen gibt, würde Eugen gern an die Finanzverwaltung weiterleiten. Martin hält es für nahezu unmöglich, dass man alles richtig machen kann. Dazu meint er, dass diese 14-Tage-Vorankündigungsfrist vor einer Prüfung viel zu knapp bemessen ist.
Musterbeispiele und Spätzünder
Wie bereitet Martin seine Mandanten vor? Zum einen nennt er die Angst, die immer noch einer der Treiber ist, sich auf eine Betriebsprüfung vorzubereiten. Daneben wird angeboten, die Prozesse nicht nur zu erfassen, sondern diese auch zu optimieren. Zudem werden Mehrwerte genannt, beispielsweise Themen im IKS wie Aufdeckung von Diebstählen durch Angestellte. Viktor ergänzt, dass die technische Dokumentation und die Information über die Softwareauswahl die Betriebsprüfung erleichtert.
Eugen erzählt von einem Mandanten, der sich partout nicht auf eine Betriebsprüfung vorbereiten wollte – und dann eine Prüfung stattfand. Im Verlauf der Prüfung kam heraus, dass der Unternehmer nicht einfach nur desinteressiert war. Er hatte eigentlich schon einige Daten und Dokumente vorbereitet, die im Vorfeld hätten mitgegeben werden können. In der Prüfung hat er aber doch eingesehen, dass eine gründliche Vorbereitung auf Prüfungen sinnvoll ist.
Vorbereitung der Betriebsprüfung empfehlen
Gregor empfiehlt, dass Steuerberatungen unbedingt dokumentieren sollten, ihren Mandanten die Vorbereitung empfohlen zu haben. Seiner Erfahrung nach haben viele Steuerberatungen keine Ahnung, welche Prozesse bei ihren Mandanten stattfinden. Zu der anfänglichen Frage, ob Unternehmen alles richtig machen können, antwortet er ganz klar: Ja. Er hat bereits einige Fälle erlebt, wo am Ende die Null stand.
Martin sagt unwilligen Mandanten gerne: Wer sich gut vorbereitet, spart Zeit. Wer sich nicht vorbereitet, kann sich darauf einstellen, sich die nächsten vier Jahre mit dem Thema herumschlagen zu müssen. Viktor kommt drauf zu sprechen, dass es nicht selten vorkommt, dass zwar vollständige Datensätze an die Finanzverwaltung übergeben werden, diese aber trotzdem Schwierigkeiten verursachen, da Finanzverwaltung und Steuerberatung unterschiedlich arbeiten. Als Beispiel nennt er Apotheken, wo einfach gesagt exotische Prozesse stattfinden. Hier fehlt es beim Finanzamt ab und zu an Hintergrundwissen, um diese Prozesse nachzuvollziehen. Da wünscht sich Viktor nicht selten einen unabhängigen Dritten.
Gregor meint dazu, dass sich die Datenqualität bei Apotheken mittlerweile sehr gut entwickelt hat und zu den besten gehört. Da hat sich also über die Jahre einiges getan. Viktor sagt, dass seine Erfahrung bereits einige Jahre alt seien und sich auch auf Softwareseite viel getan habe. Er betont erneut, wie wichtig die Auswahl einer guten Software sei. Mittlerweile beraten Viktor und seine Kolleg:innen auch viele Softwareunternehmen, um diese weiter voranzubringen. Zudem berät er Unternehmen bei der Auswahl der richtigen Software. Eugen wirft ein, dass die letzte Entscheidung aber beim Unternehmen liegen müsse, was Viktor bestätigt. Letztendlich erleichtert die Auswahl der richtigen Software nicht nur die Prüfung, sondern auch den Alltag und die Zusammenarbeit mit der Steuerberatung.
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Vorurteile bei der Betriebsprüfung
Eugen spricht ein heikles Thema an. Er erlebt wiederholt Betriebsprüfer:innen, die gegenüber bestimmten Branchen voreingenommen an die Sache gehen. Daher die Frage an Gregor Danielmeyer: Gibt es Tipps und Tricks, wie man mit voreingenommenen Betriebsprüfer:innen umgehen könnte? Gregor empfiehlt, die Bedenken direkt anzusprechen und darauf hinzuweisen, dass der Mandant sauber arbeitet. Eugen fragt nach, ob bei anhaltenden Schwierigkeiten der Gang zur Sachgebietsleitung sinnvoll wäre. Gregor rät davon ab, diesen Schritt zu schnell zu gehen. Aber im äußersten Notfall, wenn auch wiederholte Gespräche nichts bringen, sieht er dies als eine Möglichkeit.
Martin hat die Erfahrung gemacht, dass für ein „reinigendes Gewitter“ auch mal auf Beratungsseite die Ansprechperson getauscht werden kann. Und zwar dann, wenn es menschlich überhaupt nicht läuft. So wird die eigentlich beratende Person nicht verbrannt und es kann geerdet weitergehen.
Nächste Woche bei „hsp live um 11“: Tobias Polka über die neuen Grundsätze zur Verrechnungspreisdokumentation, die Mitte des Monats beschlossen wurden. Was bedeuten diese? Auf was ist in Zukunft zu achten?
Paul ist Geschäftsführer der hsp und derjenige, der die Klappe hält. Seine Top-Themen: Medienbrüche mittels Software abschaffen. Verfahrensdokumentation, IKS, TCMS und weitere Compliance Themen. Sein aktuelles Projekt: Verrechnungspreisdokumentationen ohne Medienbrüche erstellen. Mittels Taxonomie.