Nicht nur die Finanzbuchhaltung oder das Rechnungswesen werden immer digitaler. Auch die Betriebsprüfung passt sich den Entwicklungen an. Doch was bedeutet die Digitalisierung der Betriebsprüfung und welche Veränderungen hält sie bereit? Um diese spannenden Fragen zu klären, widmet sich „hsp live um 11“ drei Wochen und drei Folgen lang dem großen Thema Zukunft der Betriebsprüfung. Begleiten wird uns und euch der erfahrene Betriebsprüfer Gregor Danielmeyer. Im ersten Teil der Reihe sprechen wir über die Modernisierung der Betriebsprüfung. Was genau wird wie modernisiert, was bedeutet dies für die beteiligten Parteien?
Gregor Danielmeyer arbeitet bei der Finanzverwaltung NRW, genauer gesagt als Sachbearbeiter im Außenprüfungsreferat bei der Oberfinanzdirektion. Im Stream gibt er seine Meinung als Privatperson wieder. Er bringt zehn Jahre Erfahrung in der Betriebsprüfung mit, zusätzlich war er vorher Lohnsteueraußenprüfer. Dadurch hat er den gesamten technologischen Wandel und die Veränderungen begleitet
Paul beginnt mit der Frage: Wo steht die Betriebsprüfung heute? Was bedeutet die Digitalisierung für die Betriebsprüfung? Eigentlich ging die Digitalisierung der Betriebsprüfung im Jahr 2002 mit dem Inkrafttreten der GDPdU los. Wobei die ersten Schritte noch sehr zaghaft waren.
Gregor erinnert sich an früher, als zunächst die Finanzbuchhaltung digitalisiert wurde. Mittlerweile, so sein Eindruck, sei die Fibu eher ein Nebenprodukt. Viele Geschäftsvorfälle finden seiner Ansicht nach in Nebensystemen und Vorsystemen, ERP-Systemen, Kassen und Warenwirtschaftssystemen statt. Daher liegt dort heutzutage der viel stärkere Fokus als bei der Fibu.
Die Betriebsprüfung verändert sich
Paul spricht nun den Vorgang einer Betriebsprüfung an. Will er beispielsweise die Daten aus dem Warenwirtschaftssystem zur Prüfung zur Verfügung stellen, spiele die Datenqualität eine große Rolle. Das bestätigt Gregor aus Prüfersicht. Der Vorgang hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. Gregor berichtet, dass die ersten Datenlieferungen aus Warenwirtschaftssystemen kaum zu gebrauchen waren. Durch Fehler und andere Ursachen ergaben sich Inkonsistenzen, die eine Beurteilung der Daten erschwerten oder gar verhinderten.
Mittlerweile hat sich die Datenqualität sehr verbessert, was den Prüfenden die Arbeit erheblich erleichtert. Dazu stellt Paul direkt die Frage, wie eine digitale Betriebsprüfung ablaufe. Den Ablauf schildert Gregor folgendermaßen:
Schritt 1: Einladung zur Betriebsprüfung: Die Prüfungsanordnung wird zugestellt.
Schritt 2: Die Datenexporte werden für die Betriebsprüfung durchgeführt, dies betrifft die Finanzbuchhaltung und eingesetzte Datenverarbeitungssysteme.
Schritt 3: Die prüfende Person liest die Daten ein und analysiert diese auf Vollständigkeit und Validität. Er betreibt Sachverhaltsaufklärung anhand der Datensätze.
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Das passiert bei der Betriebsprüfung
Paul fragt, wie Gregor als Betriebsprüfer erkennt, ob Datenverarbeitungssysteme eingesetzt werden. Gregor nennt zunächst die Bilanz, wo beispielsweise Leasinggebühren für solche Systeme auftauchen. Aber auch durch andere Quellen erfährt Gregor einiges, beispielsweise beim Eröffnungsgespräch oder durch die Betriebsbesichtigung. Gerade bei Existenzen von Vorsystemen besitzt die Verfahrensdokumentation eine hohe Relevanz. Er kann mit ihr Fragen beantworten wie: Wie funktionieren die Systeme? Was ist bei der Erfassung zu beachten? Welche Wertigkeiten haben die Daten, die beurteilt werden sollen?
Als nächstes möchte Paul wissen, wie ein Traumszenario für den Betriebsprüfer Gregor Danielmeyer aussieht. Sofort kommt die Antwort von Gregor: „Dass es keine Muster-Verfahrensdokumentation ist. Weil man ja ganz häufig irgendwelche Muster-Verfahrensdokumentationen im Internet findet, die dann gar nicht für den Betrieb passen.“ Die beste Doku sei die, wo sich die Geschäftsführung mit ihrem Unternehmen vorab intensiv beschäftigt habe, beispielsweise mit den IT-Systemen. Paul fragt nach, ob Gregor primär wichtig ist, bei einer Betriebsprüfung zunächst das Unternehmen und dessen Prozesse zu verstehen. Gregor kann dies nur bestätigen.
Betriebsprüfungen sind kein Gefallen
Anschließend fragt Paul, was denn Gregors Meinung nach die Stimmung bei einer Betriebsprüfung beeinflussen könnte. Dazu antwortet der Betriebsprüfer trocken, dass er an sich lediglich verwertbare Daten benötigt. Ob er mehrfach nachhaken müsse oder sauber durcharbeiten kann, er mache nur seine Arbeit. Allerdings bedeutet es für die Unternehmen deutlich mehr Stress und Risiken, sollten keine sauberen Daten vollständig vorliegen.
Nun zeigt Gregor Danielmeyer auf seinem Bildschirm eine Verbildlichung der Entwicklung der Betriebsprüfung. In naher Zukunft erwartet er, dass Daten in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden. Auch erwartet er den Einsatz von Blockchain in steuerlichen Bereichen.
Anschließend nennt Paul ein konkretes Beispiel: die Eisdiele. Kommt die prüfende Person mit einem USB-Stick an und zieht sich die Daten aus der Kasse? Gregor verneint. Er als Prüfer geht nicht an die Kasse. In der Regel macht das die steuerpflichtige Person, Kassenwart:in oder die Steuerberatung. Wer auch immer die Aufgabe übernimmt, die Person zieht die Daten auf einen Datenträger und stellt sie der Prüfung zur Verfügung. In Arbeit ist eine bundeseinheitliche Prüfsoftware, mit der über einen QR-Code auf einem Kassenbon direkt angezeigt werden kann, ob die Zahlen valide sind.
Auch Betriebsprüfungen kann man üben
Gregor empfiehlt Unternehmen, jährlich eine simulierte Betriebsprüfung und Kassennachschau durchzuführen. Denn Unternehmen sollten sich sehr dafür interessieren, was mit ihren Daten passiert. Und ob die Daten, die in die Kasse eingegeben werden, passen oder eben nicht. So bereiten sich Unternehmen ideal auf echte Betriebsprüfungen vor und wissen bereits vorab, ob alle Daten vollständig und ordnungsgemäß sind. Viele Steuerkanzleien und Steuerberater:innen bieten solche Dienstleistungen ganz konkret an.
Steuerberatungen sollten ihren Mandanten als Mehrwert einer solchen Leistung nennen, dass diese so bereits vorab die Datenqualität sicherstellen können. Häufig kann es erst gar nicht in die Sachverhaltsermittlung gehen, da die Datenqualität nicht gegeben ist oder die Daten erst gar nicht vorhanden sind. Gregor sagt ganz klar, dass die meisten Unternehmen erst handeln, wenn es bei einer Betriebsprüfung wehgetan hat.
Unternehmen sollten ihre Daten kennen
Grundsätzlich empfiehlt Gregor allen Menschen, die Unternehmen führen, sich mit digitalen Prozessen und den Daten des eigenen Unternehmens auseinanderzusetzen. Denn die Betriebsprüfung entwickelt sich immer weiter, auch die Methoden werden immer digitaler. Wer nicht mitzieht, wird bald hinterherhinken und große Probleme bei den Betriebsprüfungen bekommen.
Nächste Woche geht es mit Gregor um das Thema: „Betriebsprüfung digital: So bereite ich mich vor“. Seid wieder mit dabei.
Disclaimer: Gregor Danielmeyer ist Betriebsprüfer, gibt hier bei uns im Stream aber nur seine private Meinung und Einschätzung wieder. Empfehlungen, Beschreibungen und Prognosen jeglicher Art sind seine subjektive Ansicht und keine amtlichen oder juristisch bindenden Aussagen.
Paul ist Geschäftsführer der hsp und derjenige, der die Klappe hält. Seine Top-Themen: Medienbrüche mittels Software abschaffen. Verfahrensdokumentation, IKS, TCMS und weitere Compliance Themen. Sein aktuelles Projekt: Verrechnungspreisdokumentationen ohne Medienbrüche erstellen. Mittels Taxonomie.