Im Zuge der Digitalisierungswelle verändert sich auch die Betriebsprüfung. Damit kommen auf die Beratenden, aber auch auf die Unternehmen und Steuerberatungen viele Neuerungen zu. Deshalb widmet sich „hsp live um 11“ drei Wochen und drei Folgen lang dem großen Thema Zukunft der Betriebsprüfung. Der erfahrene Betriebsprüfer Gregor Danielmeyer bringt dabei seine private Meinung ein. Im zweiten Teil der Serie sprechen wir darüber, wie sich Unternehmen und Steuerberatungen optimal auf eine digitale Betriebsprüfung vorbereiten können.
Gregor Danielmeyer arbeitet bei der Finanzverwaltung NRW, genauer gesagt als Sachbearbeiter im Außenprüfungsreferat bei der Oberfinanzdirektion. Im Stream gibt er seine Meinung als Privatperson wieder. Er bringt zehn Jahre Erfahrung in der Betriebsprüfung mit, zusätzlich war er vorher Lohnsteueraußenprüfer. Dadurch hat er den gesamten technologischen Wandel und die Veränderungen begleitet.
Erst zwei Wochen vor einer Betriebsprüfung erfährt das Unternehmen, dass diese ansteht. Daher bleibt weder dem Unternehmen noch der Steuerkanzlei Zeit, irgendwie darauf zu reagieren. Entsprechend beginnt die Vorbereitung auf eine Betriebsprüfung laut Gregor weitaus früher, nämlich Jahre.
Heutzutage wird bereits kleinen Kindern die Digitalisierung vermittelt, sei es durch digitale Spielzeuge oder Smartphones und Tablets. Es wächst eine komplett digitalisierte Generation heran. Währenddessen aber sind viele Kanzleien überhaupt nicht digitalisiert. Sie kennen sich nicht mit Tools aus, sie beschäftigen sich nicht mit digitalen Prozessen. Dabei ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Zug abgefahren ist. Hier betont Gregor, dass es genügend Softwarelösungen gebe, die bei der Digitalisierung von Prozessen helfen könnten. Es sei wichtig, sich damit auseinanderzusetzen. Dann sei man auch besser vorbereitet auf Betriebsprüfungen.
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Verfahrensdokumentation als Startschuss?
Paul stellt hier die Frage, wie ein Unternehmen starten soll. Zuerst die Daten exportieren, die ich habe – oder eine Verfahrensdokumentation erstellen und schauen, wo ich welche Daten habe, die ich analysieren sollte? Dazu hat Gregor eine klare Meinung: Ein Unternehmen sollte sich seine Prozesse anschauen und diese kennen. Anschließend gilt es, diese zu dokumentieren, um am Ende die gesammelten Informationen zu prüfen. Dazu gibt es verschiedene entsprechende Tools.
Angenommen, ein Unternehmen hat noch keine Verfahrensdokumentation erstellt. Sollte das Unternehmen mit der aktuellen Situation beginnen – oder in der Vergangenheit starten und Jahr für Jahr aus der Erinnerung heraus die Entwicklungen dokumentieren? Gregor meint, dass sich kaum jemand an unternehmerische Details erinnern könne, die Jahre zurückliegen. Entsprechend lautet seine Empfehlung: Jetzt anfangen mit der aktuellen Situation – lieber spät als nie.
Paul will wissen, was passiert, wenn ein Unternehmen nur das aktuelle Jahr dokumentiert hat, die prüfende Person aber die letzten drei Jahre prüfen will. Dazu meint Gregor, dass auch bei fehlender Dokumentation bestimmte Unterlagen immer existieren. Beispielsweise sei es nie ein Problem, auf Handbücher usw. zurückzugreifen. Dazu bräuchte es keine Dokumentation. Zudem besteht die Möglichkeit, dass das Unternehmen die Prozesse der vergangenen Jahre mündlich darlegt. Bei plausibler Erklärung kann so die Verfahrensdokumentation mündlich nachgeholt werden – in einigen Ländern reicht dies aus. Wichtig ist, dass eine Verfahrensdokumentation resümiert wird. Dazu wird die Gültigkeit mit Anfangs- und Enddatum festgehalten.
Plausibel und nachvollziehbar
Im Zuge der Pandemie gab es die Mehrwertsteuerveränderungen. Parallel liefen in vielen Betrieben Ausnahmeprozesse. Die Gesamtsituation kann im Nachhinein ohne Dokumentation kaum nachvollzogen werden. Entsprechend wichtig ist eine vollständige Verfahrensdokumentation, damit die nächste Betriebsprüfung nicht zur Tortur wird. Denn die Betriebsprüfer:innen wissen von den Änderungen der Mehrwertsteuer. Wenn allerdings die vorliegenden Daten nicht stimmen, kann ohne Dokumentation nicht nachvollzogen werden, wo und wie die Fehler passiert sind.
Nachfolgend geht’s um die Frage: Wie kann ich mich als Unternehmen selbst prüfen? Hier sind Gregors private Anregungen:
Wareneinkauf checken: Checkt die Einkäufe auf Plausibilität und vergleicht diese mit den Warenverkäufen. Sind Belege, die mal privat gezahlt wurden, korrekt erfasst worden? Oder finden viel zu hohe Einkäufe verglichen mit den Verkäufen statt?
Strom- und Wasserkosten checken: Sind die Verbräuche plausibel? Oder gibt es Ausreißer nach oben oder ungewöhnlich hohe Kosten? Es geht darum, der prüfenden Person darlegen zu können, wieso diese Kosten entstanden sind.
An dieser Stelle bittet Gregor die Steuerberater:innen, eine Dienstleistung wie die probeweise Prüfung mit anzubieten. Entsprechende Tools gibt es auf dem Markt.
Zwischendurch liest Paul eine Zuschauerfrage von letzter Woche vor: In welcher Form sollte eine Dokumentation vorgelegt werden – als PDF oder als dicker Papierordner? Gregor persönlich bevorzugt das PDF, das er effizient durcharbeiten kann.
Vorsatz oder nicht?
Anschließend kommt Paul auf das Interne Kontrollsystem zu sprechen. Inwieweit beeinflusst ein gelebtes IKS die Prüfungssituation? Gelebt bedeutet, dass das Unternehmen nicht nur die IKS-Maßnahmen festhält, sondern auch dessen Ergebnisse. Gregors persönliche Meinung dazu: Sobald er sehen kann, dass ein Unternehmen Maßnahmen ein- und umsetzt, beschleunigt dies die Prüfung deutlich. Mit einem IKS wirkt ein Unternehmen auch dem Verdacht des Vorsatzes bei Unregelmäßigkeiten entgegen. Aus der Praxis erzählt Gregor von einem Vorfall, wo eine technisch einwandfreie Kasse durchgehend offenstand. Nur bei konkretem Wunsch nach einem Bon wurden die Einnahmen eingegeben. Wenn der Alltag so aussieht, bringt natürlich auch das ausführlichste dokumentierte IKS nichts.
Wenn man als Unternehmen Fehler feststellt, sollte man diese den Behörden von sich aus melden. Zudem sollte man daran arbeiten, die Fehlerquellen abzustellen. Persönlich ist Gregor der Meinung, dass hier Ehrlichkeit wichtig ist. Auch wenn ein Fehler zeitlich bereits etwas zurückliegt, sollten Unternehmen von sich aus auf die prüfende Person zugehen.
Wie können Softwarehersteller helfen?
Anschließend hat Gregor an Paul die Frage, wie der Softwareentwickler hsp bei einer Betriebsprüfung helfen kann. Hier verweist Paul auf eines der Ziele von Opti.Tax, nicht nur die Erstellung der Verfahrensdokumentation zu vereinfachen, sondern auch Mehrwerte für Unternehmen und Kanzleien zu generieren. Das Ziel ist eine gelebte, saubere Dokumentation, die ganz nebenbei auch noch bei der nächsten Betriebsprüfung hilft.
Zum Thema Digitalisierung der Betriebsprüfung schreibt Gregor Danielmeyer aktuell ein Sachbuch. Was passiert mit den Datensätzen? Wie werden diese von der Finanzverwaltung verarbeitet? Wie fließen diese in ein Risikomanagement ein? Was passiert, wenn Datensätze nicht ankommen oder Fehler nicht gemeldet werden? Das und vieles mehr werden die Leser:innen im Buch finden, genau wie im E-Learning, welches Gregor in Zusammenarbeit mit der hsp für die hsp Academy erstellt.
Nächste Woche: Talk-Arena zur digitalen Betriebsprüfung
Nächste Woche erwartet euch das große Finale der Betriebsprüfungswochen bei „hsp live um 11“. Paul wird neben Gregor Danielmeyer drei spannende Gäste begrüßen: Viktor Rebant, Martin Weidemann und einen weiteren Steuerberater als Überraschungsgast. In der Talk-Arena gehen wir gemeinsam die Frage an: Prüfer, Berater und Mandant – ein Ziel? Freut euch drauf!
Disclaimer: Gregor Danielmeyer ist Betriebsprüfer, gibt hier bei uns im Stream aber nur seine private Meinung und Einschätzung wieder. Empfehlungen, Beschreibungen und Prognosen jeglicher Art sind seine subjektive Ansicht und keine amtlichen oder juristisch bindenden Aussagen.
Paul ist Geschäftsführer der hsp und derjenige, der die Klappe hält. Seine Top-Themen: Medienbrüche mittels Software abschaffen. Verfahrensdokumentation, IKS, TCMS und weitere Compliance Themen. Sein aktuelles Projekt: Verrechnungspreisdokumentationen ohne Medienbrüche erstellen. Mittels Taxonomie.