Die Frage ist nicht mehr, ob die Finanzverwaltung nach der Verfahrensdokumentation fragt, sondern wann. Die Dokumentation ist Pflicht für alle Unternehmen – Betonung auf „alle“. Dazu gehören Konzerne, Mittelständler, Einzelunternehmen und Freiberufler:innen. Doch viele von ihnen schieben die Thematik auf, denn die Erstellung einer Dokumentation kann aufwändig und komplex werden. Ralf Göbel, Geschäftsführer Sales & Consulting bei der doxx-on systems GmbH, rät eindringlich zur Doku. Im Gespräch mit Paul Liese verrät er, wieso.
Ralf Göbel ist Geschäftsführer von doxx-on systems in Ettlingen bei Karlsruhe. Das Unternehmen berät seine Kundschaft bei Themen wie Dokumenten- und Workflowmanagement, Business Apps – oder übergreifend gesagt, bei der Prozessdigitalisierung. Aus diesem Grund beschäftigt sich Ralf automatisch auch mit der Verfahrensdokumentation. Denn seiner Ansicht nach wird diese benötigt, wenn Arbeitsabläufe digitalisiert werden sollen.
Paul möchte wissen, ob dies bedeutet, dass alle DMS-Implementierungen mit einer Verfahrensdokumentation beginnen. Ralf bestätigt die Aussage und fügt hinzu, dass er sich selbst jahrelang gegen das Thema Verfahrensdokumentation gesträubt habe. Abgeschreckt hatte ihn vor allem der Aufwand. Um aber mit der Digitalisierung der Kundschaft zu beginnen, müssen deren Prozesse so oder so erfasst werden. Da liegt es nahe, mit einer Verfahrensdokumentation in die Digitalisierung einzusteigen. Heute sieht Ralf die Doku als Chance, um die Prozesse der Kundschaft zu verstehen. Denn nur wer die eigenen Prozesse kennt, kann Schwachstellen finden und Abläufe optimieren oder digitalisieren.
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Nur mit Arbeit lassen sich echte Veränderungen erreichen
Im Idealfall lässt sich ein:e Kund:in vollständig darauf ein und beginnt den Auftrag mit der Erstellung einer Verfahrensdokumentation. In der Realität, so Ralf, entschieden sich viele zunächst einmal für eine teilweise Dokumentation, bei der bereits parallel zur Erstellung an Prozessoptimierungen gearbeitet würde. Paul fragt, ob es vorkomme, dass Ralf am Ende einer Dokumentation „keinen Scanner verkaufen“ könne. Ralf antwortet amüsiert, dass es natürlich sein könne, dass bei Vorhandensein aller notwendigen Werkzeuge von weiteren Anschaffungen abgeraten werde.
Mit seiner Scanner-Frage wollte Paul aber auch auf einen anderen Punkt hinaus. Unternehmen müssten bereit sein, den Mehraufwand zur Digitalisierung zu tragen. Beispiel Belege: Jede Lieferantin, jeder Dienstleister müsse überzeugt werden, die Belege in Zukunft nur noch digital zuzuschicken. Denn nur so lassen sich Papierbelege und Scanaufwand vermeiden. Auf der anderen Seite müssten Rechnungsempfänger:innen überzeugt werden, digitale Rechnungen zu akzeptieren. Sollte hier Freiwilligkeit nicht ausreichen, könne man mit Gebühren für analoge Rechnungen nachhelfen.
Die Verfahrensdokumentation als Argumentationshilfe
Paul hat die Erfahrung gemacht, dass Kundinnen, Mandanten oder Unternehmen mit einer Dokumentation von den Mehrwerten schneller zu überzeugen sind als rein verbal. Denn erst die Erfassung der Vorteile, etwa in einer Visualisierung, verdeutlicht die Mehrwerte auf überzeugende Art und Weise. Ralf kann dies nur bestätigen. Seiner Erfahrung nach haben viele Unternehmen ihre Prozesse nicht vollumfassend vor Augen.
Die Chefetage stellt sich die Prozesse im Unternehmen häufig völlig anders vor als sie tatsächlich ablaufen. Daher misst Ralf der Visualisierung eine hohe Bedeutung zu. Denn mit ihr sind die Prozesse klar verständlich und nachvollziehbar. Zudem zeigen sich die Schwächen unmissverständlich, etwa Medienbrüche, doppelte Prozesse oder unnötige Ablagen.
Paul will wissen, ob eine Verfahrensdokumentation ausreicht, um ein Unternehmen, seine Prozesse und die Entstehung aller Daten vollständig zu verstehen. Ralf antwortet, dass dies das Grundziel sein sollte. Sowohl externe Dritte als auch neue Mitarbeitende können beispielsweise durch die Visualisierung die Prozesse des Unternehmens schnell erfassen. Dies könne die Einarbeitung beschleunigen.
Nicht die Dokus sollten verkauft werden, sondern die Mehrwerte
Aber wie empfänglich sind Unternehmen für die Idee einer Verfahrensdokumentation? Wie ist die Aufnahmebereitschaft, wie die Sicht auf die Doku? Ralf bezeichnet die Situation allgemein als schwierig. Kaum ein Unternehmen komme auf ihn zu und wolle unbedingt eine Dokumentation haben. Immerhin sei das Bewusstsein da, dass die Verfahrensdokumentation nach GoBD verpflichtend ist. Die Mehrzahl, die auf Ralf und sein Unternehmen zukommt, geht das Thema aufgrund der Pflicht an. In diesen Fällen überzeugt Ralf die Interessierten mit den Mehrwerten, die eine solche Dokumentation bietet.
Die Verfahrensdokumentation kämpft mit einem negativen Image, da viele bei dem Wort zunächst an die Betriebsprüfung denken. Dabei handelt es sich bei der Dokumentation schlicht um ein Nebenprodukt, das automatisch entsteht, sobald der Ist-Zustand für eine künftige Prozessoptimierung erfasst wird. Kurz gesagt: Wer seine Prozesse optimieren möchte, hat am Ende des Projekts automatisch eine prüfungsreife Doku in der Hand. Daher sollte nicht die Dokumentation selbst das Ziel sein, sondern die Prozessoptimierung oder Digitalisierung.
Drei massive Vorteile der Verfahrensdokumentation für Unternehmen
Ralf sieht für Unternehmen drei große Vorteile einer Verfahrensdokumentation:
- Die Führung eines Unternehmens beschäftigt sich häufig erstmals mit der Realität im Unternehmen.
- Die Prozesse sind für jede Person nachvollziehbar. Mitarbeitende erkennen, dass sie nicht in einer Blackbox wirken, sondern ein wichtiger Teil eines großen Ganzen sind.
- Schwachstellen werden identifiziert. Dadurch wird eine Basis geschaffen, um das Unternehmen effizienter und profitabler zu machen.
Zum letzten Punkt nennt Ralf als Beispiel die Automatisierung von Prozessen. Hier möchte Paul wissen, wie sein Gast das Thema Automatisierung bei seiner Kundschaft ins Spiel bringt. Ralf setzt da ganz klar auf Storytelling. Szenarien und Erfahrungen aus anderen Projekten geben plastisch wieder, wie Automatisierungen zu Vorteilen führen. Mit vielen Ideen inspiriert Ralf seine Kundschaft dazu, selbst Ideen für Automatisierungen zu entwickeln.
Paul möchte wissen, wie eine Steuerkanzlei von einer Zusammenarbeit mit Ralfs Unternehmen profitiert. Ralfs Erfahrung nach sind häufig die Abläufe zwischen Steuerberatungen und Mandanten nicht optimal. Eine Verfahrensdokumentation beim Mandanten kann auch diese Prozesse vereinfachen, so dass die Kanzlei deutlich weniger Aufwände hat.
Paul ist Geschäftsführer der hsp und derjenige, der die Klappe hält. Seine Top-Themen: Medienbrüche mittels Software abschaffen. Verfahrensdokumentation, IKS, TCMS und weitere Compliance Themen. Sein aktuelles Projekt: Verrechnungspreisdokumentationen ohne Medienbrüche erstellen. Mittels Taxonomie.