Mit der Erstellung der Feststellungserklärungen für mehr als 35 Millionen Grundstücke in Deutschland, kommt auf die Berater:innen neue Arbeit zu. Neben dem Wissensaufbau zur Umsetzung und fachlichen Beurteilung der Fälle, stellt sich darüber hinaus die Frage, wie dieses „Massenthema“ schnell und effizient in der Kanzlei umgesetzt werden kann. Zumal Praxiserfahrungen bis dato rar sind.
Kurze Zusammenfassung der Ausgangslage: Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 die bisherige Rechtslage der Bewertung von Grundstücken mit dem Einheitswert für verfassungswidrig erklärt hat, wurde mit dem Grundsteuer-Reformgesetz aus 2019 eine gesetzliche Neureglung geschaffen. Die Bundesländer haben die Möglichkeit erhalten – und in Teilen auch genutzt – mittels eigener Landesgesetze vom Bundesmodell abzuweichen. Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft wenden alle Länder (weitestgehend unverändert) das Bundesmodell an
Für die Umsetzung in der Kanzlei bedeutet dies, dass sowohl Berater:innen als auch Mitarbeiter:innen sich über das Bundesmodell informieren und, sofern relevant für Mandanten der Kanzlei bzw. regionaler Schwerpunkt der Kanzlei, auch mit den davon abweichenden Landesmodellen vertraut machen müssen. Denn schnell hört man von rechts und links, dass einzelne Modelle sehr einfach in der Erfassung der Feststellungserklärung sind. Beschäftigt sich die Kanzlei schließlich in den ersten Fällen damit, wird oft die Komplexität erkannt – mindestens in der Entscheidungsfindung, wie der Fall einzuordnen ist. Sind auch Grundstücke in der Land- und Forstwirtschaft im Mandantenkreis vorhanden, kommt ein dritter Baustein zum Wissensaufbau hinzu.
Umsetzung in der Kanzlei
Da sowohl Städte und Gemeinden als auch die Finanzverwaltung die Eigentümer:innen von Grundstücken über die Grundsteuerreform informiert, ist es wichtig, dass auch Kanzleien ihre Mandanten informieren und ihre Unterstützung anbieten. In den Schreiben der Städte und Gemeinden wird häufig der Hinweis gegeben, die Unterstützung von Steuerberater:innen in Anspruch zu nehmen.
Praxistipp 1: Bevor Sie Ihre Mandanten informieren, dass Sie diese in der Grundsteuerreform unterstützen, machen Sie sich Gedanken zur Abrechnung/zu Ihrem Preismodell. Eine der ersten Fragen der Mandanten wird die nach den Kosten sein.
Die Erstellung der Feststellungserklärungen erlaubt aktuell die Abrechnung in drei Varianten:
- Gegenstandswert gem. StBVV, §24 Absatz 1, Nr. 11
- nach tatsächlichem Zeitaufwand
- als Pauschalen, z. B. je Objektart
Im Bundesmodell erlaubt die Berechnung des Grundsteuerwertes, diesen als Gegenstandswert für die Abrechnung zu verwenden. Im aktuellen Referentenentwurf zur Änderung vom 3. März 2022 wird es eine neue Nummer 11a geben, die die Berechnung eines fiktiven Grundsteuerwerts ermöglicht. Damit wird der Weg frei gemacht, Feststellungserklärungen für Grundstücke in vom Bundesmodell abweichenden Landesmodellen über einen Gegenstandswert abzurechnen.
Praxistipp 2: Holen Sie vom Mandanten eine Vollmacht ein. Bestehende Vollmachten vom Mandanten berücksichtigen in der Regel nicht, benötigte Daten zum Grundstück bei Ämtern für die Erstellung der Feststellungserklärung einzusehen/anzufordern.
Beim Versand der Feststellungserklärung an die Finanzverwaltung wird die Information über eine vorliegende Vollmacht angezeigt. Eine Übermittlung und Anforderung der Vollmacht wird nicht gefordert. Um die Feststellungserklärungen erstellen zu können, werden zum Beispiel unter anderem Informationen aus dem Grundbuch benötigt. Liegt dieses dem Mandanten nicht in einer aktuellen Fassung vor, kann dies durch die Kanzlei angefordert werden. Vorausgesetzt, vom Mandanten wurde eine Vollmacht dafür erteilt. Wird darüber hinaus ein Dienstleister eingebunden, diverse Unterlagen von unterschiedlichen Ämtern einzuholen, benötigt dieser die Vollmacht vom Mandanten gegenüber der Kanzlei und der Dienstleister eine Vollmacht der Kanzlei, für diese tätig zu sein.
Praxistipp 3: Entscheiden Sie sich für eine Software zur Erstellung der Feststellungserklärungen und geben Sie die ersten Grundstücke ein. Zum Beispiel die der Kanzlei, von Mitarbeiter:innen, etc. Sie werden sehen, die Erfassung der Daten ist nicht die Herausforderung
Viel mehr ist die Beschaffung der notwendigen Daten der aufwändigste Teil in der Umsetzung der Vorgaben der neuen Grundsteuerreform. In vielen Fällen reichen die Informationen aus dem Einheitswertbescheid sowie dem Grundbuch ergänzt um die Angaben der Wohn- und Nutzflächen oder der Bruttogrundflächen. Handelt es sich dann um eine Eigentumswohnung, ein Einfamilienhaus oder ein Geschäftsgrundstück, ist die Feststellungserklärung schnell erstellt. Aufwändiger wird es dann in der Prüfung der Unterlagen bei gemischt genutzten Grundstücken oder Teileigentum. Allerdings steigt hier die Lernkurve steil an, je mehr Praxisfälle bearbeitet und erfasst wurden.
Grundsteuerreform erfordert Vorbereitung
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Grundsteuerreform umsetzbar ist. Was die Umsetzung allerdings erschwert ist die Tatsache, dass der gesamte technische Prozess seitens der Finanzverwaltung nicht fertig umgesetzt ist. Die Datenübertragung wird per ELSTER-Schnittstelle erfolgen, welche noch immer Änderungen unterworfen ist. Die Formulare der Landesmodelle sind nicht komplett verfügbar. Die Bodenrichtwerte sind nur in geringem Umfang per 1. Januar 2022 veröffentlicht und abrufbar. Da die Übermittlung der Feststellungserklärungen im Zeitfenster zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 31. Oktober 2022 stattfinden soll, ist gute Vorbereitung wichtig und ein zeitnaher Start der Erfassung empfehlenswert.
Paul ist Geschäftsführer der hsp und derjenige, der die Klappe hält. Seine Top-Themen: Medienbrüche mittels Software abschaffen. Verfahrensdokumentation, IKS, TCMS und weitere Compliance Themen. Sein aktuelles Projekt: Verrechnungspreisdokumentationen ohne Medienbrüche erstellen. Mittels Taxonomie.