Die Zeiten, da die Steuerberatung für jede Steuerangelegenheit beauftragt wurde, sind vorbei. Je komplexer die Welt insgesamt wird, desto höher steigen die Anforderungen der Unternehmen an die Steuerberatung. Mit der Digitalisierungswelle müssen sich auch die Kanzleien und Steuerbüros auf die digitale Transformation einlassen. Doch welche Rolle wartet auf die StB? Der Berater und erfolgreiche Speaker Sebastian Thalhammer sieht als einen möglichen Weg den des Sparringpartners. Im Gespräch mit Paul Liese geht es darüber hinaus um die Frage: Wie finden Kanzleien das nötige Personal, um neue Geschäftsfelder abzubilden?
Sebastian ist seit 7 Jahren selbständig unterwegs und berät mit seiner Agentur Unternehmen, die sich mit dem Thema digitale Transformation widmen wollen. Der Österreicher nahm über LinkedIn Kontakt mit Paul auf. Dabei beschäftigte und beschäftigt ihn die Frage, wie sich die Steuerberatungsbranche mit der Digitalisierung auseinandersetzt. Wohin werden sich Steuerberatungen entwickeln, was sind die Trends und wie wollen sie ihre Relevanz verteidigen?
Paul antwortet darauf, dass diese Fragen nicht allein bei den Kanzleien liegen. Natürlich ist auch entscheidend, was die Mandanten wollen. Fordern die Mandanten von den Kanzleien digitale Prozesse ein? Ist die Kanzlei gewillt, das abzubilden? Nur wenn alle Beteiligten zusammenspielen, geht es voran. Entscheidend ist, wie sich Kanzleien positionieren.
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Kanzleien müssen sich spezialisieren
Vor einigen Wochen hat Sebastian ein Thinktank für Steuerberatungen veranstaltet. Eine Erkenntnis war die Notwendigkeit der Positionierung sowie Spezialisierung. Denn die klassische Kanzlei, die versucht alles abzubilden, wird es in Zukunft kaum noch geben. Die Themen werden immer komplexer, weshalb auf Steuerberatungsseite immer mehr Know-how abverlangt wird. Dies führt laut Sebastian zu einer Nachwuchsproblematik. Heute werden viele Themen von Steuerberater:innen eingefordert, die nicht einfach in der Ausbildung erlernt werden. Der Beruf wird immer anspruchsvoller, doch das Wissen muss erst vermittelt werden.
Pauls Erfahrung ist, dass viele Kanzleien von anspruchsvollen Anfragen ihrer Mandanten nicht selten überfordert sind. Denn die Dinge, die verlangt werden, können oftmals von klassisch ausgebildeten Steuerberater:innen nicht abgebildet werden. An solche Kanzleien richtet sich der Weiterbildungskurs Digitalisierungsberatung der hsp Academy. Hier zitiert Sebastian eine Studie von Deloitte, wonach mittlerweile eine Person allein die ganzen verlangten Themen nicht abdecken kann. Entsprechend werden in einer Kanzlei in Zukunft immer mehr unterschiedliche Berufsgruppen notwendig. Nur so kann die Kanzlei verhindern, dass sie zum Flaschenhals für die Entwicklung des Mandanten wird.
Ein Weg, den einige Kanzleien gehen, ist die der Personalgewinnung über die Branchengrenzen hinaus. So werden Nachwuchsleute angeworben, die digitalaffin und lernbegierig sind – und nicht zwangsläufig im Steuerbereich unterwegs. Auch Sebastian sieht dies als sinnvollen Weg. Denn die branchenspezifischen Erfahrungen entstehen so oder so im Kanzleialltag. Neugier und Wissensdurst können nicht erlernt werden, fast alles andere schon.
Abwarten ist nicht zukunftsfähig
Die große Falle lauert in der Gewohnheit. Meist läuft es seit Jahren völlig okay, Mandanten werden bedient und die Prozesse funktionieren. Doch durch diesen Trott kommt eine Kanzlei nicht weiter. Denn der Markt entwickelt sich zwangsläufig weiter, allein durch die wirtschaftlichen, behördlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Hält die Kanzlei nicht Schritt, folgt das böse Erwachen. Dagegen kann die Digitalisierung dazu führen, dass plötzlich ganz andere Entwicklungen in der Kanzlei angestoßen werden.
An der Stelle betont Sebastian Thalhammer, dass sich auch die Kommunikation der StB-Branche verändern muss. In der Vergangenheit mussten sich Steuerberatungen kaum mit intensiven Marketingstrategien und Kundenakquise beschäftigen. Zukünftig müssen StB lernen, proaktiv in die Kommunikation zu gehen. Dem stimmt Paul hundertprozentig zu. Die wenigsten Steuerberater:innen sind gute Verkäufer:innen. Denn sie mussten nie verkaufen. Verkaufs- und Moderationstrainings können hier weiterhelfen. Laut Sebastian müssen StB weg von der Rolle des Befehlsempfängers. Seiner Erfahrung nach sind StB oftmals Menschen, die helfen wollen, sich diese Rolle aber nicht zutrauen. Entsprechend handelt es sich um ein Mindset-Thema. Denn Steuerberater:innen haben viel mehr in der Hand als sie oftmals glauben.
Alles eine Frage der Kommunikation
Und die Preisdiskussion? Sebastian meint: Wer die Vorteile den Kosten gegenüber verdeutlichen kann, muss sich keinen Diskussionen stellen. Paul ergänzt noch, dass gerade Steuerberatungen Einsichten in die Zahlen haben. Daher können sie mit klaren Ersparnissen und Auswirkungen argumentieren. Abgesehen davon, dass sie durch den Wissensvorsprung viel besser beraten können als externe Dritte.
Wie gehen Kanzleien mit der Situation um, dass sie Aufwände, die bisher unter den Tisch gefallen sind, zukünftig in Rechnung stellen wollen? Sebastian betont, dass es sich hierbei um eine Frage des Selbstwerts handelt. Hier muss eine Kanzlei in die Kommunikation mit dem Mandanten. Denn erstens entsteht sonst die Situation, dass der Mandant diese Pro-Bono-Leistungen als selbstverständlich wahrnimmt. Der Verzicht aufs Geld bringt also nicht einmal einen echten Vorteil für die Kanzlei. Und zweitens wollen die meisten Mandanten eine Steuerberatung, die immer an ihrer Seite steht. Dieser Umstand ist denen Geld wert, nur sollte man dies gemeinsam festlegen.
Fazit: Steuerberatungen müssen sich klar positionieren, damit die Mandanten die angebotenen Leistungen kennen und in Anspruch nehmen. Sebastian nennt ein Beispiel einer Kanzlei, die hauptsächlich über die strategische Beratung ihre Einnahmen generieren. Die Buchhaltung und das übliche StB-Geschäft entstehen eher nebenbei als Abfallprodukt. Und dort sollte die Branche generell hin.
Repetitive Aufgaben wie die Buchhaltung werden zukünftig automatisiert. Wer nicht mitzieht, um Raum für neue Geschäftsfelder zu schaffen, wird es schwer haben. Am 1. Oktober in „hsp live um 11“ spricht Andreas Hausmann darüber, wie ihr mit der Automatisierung beginnt – und was ihr beachten solltet.
Paul ist Geschäftsführer der hsp und derjenige, der die Klappe hält. Seine Top-Themen: Medienbrüche mittels Software abschaffen. Verfahrensdokumentation, IKS, TCMS und weitere Compliance Themen. Sein aktuelles Projekt: Verrechnungspreisdokumentationen ohne Medienbrüche erstellen. Mittels Taxonomie.